Hoch begrünte Wände wirken noch stärker als ein kleines Wandspalier. Oft werden sie aus Gründen der Ökologie gewünscht oder sogar gefordert. Präzise Entwurfsplanung, stabile Rankhilfen sowie kontinuierliche Pflege sind bei diesem Begrünungskonzept besonders wichtig, weil Leitbild und Wirklichkeit sonst auseinander klaffen. Im folgenden werden Aspekte hoher Begrünungen beleuchtet, noch mehr Beispiele finden Sie unter "Bauhaus-Stil", Balkone, "Rankwände" und "Masten" sowie bei den aufgeführten Pflanzen.
In eine Fabrik aus der Gründerzeit wurde im Zuge des Umbaus zu Wohnungen ein Lichthof geschnitten, wo mit Laubengängen und Freitreppen auf acht Etagen bzw. vier Doppel-Etagen sogenannte „Lofts“ erschlossen wurden. Damit der neu entstandene, enge Innenhof nicht aussieht wie in einer Justizvollzugsanstalt, war von Anfang an klar, dass begrünt werden muss, und zwar 20 m hoch. Und das hat funktioniert! Die Kletterpflanzen wurden in einer vermutlich üppigen Substrat-Schicht auf dem Dach einer Tiefgarage angesiedelt. Das waren Akebie (Akebia quinata), Pfeifenwinde (Aristolochia macrophylla) und Kiwi (Actinidia chinensis), von denen laut FLL-Richtlinie eher nur Höhen von 8 – 10 Metern zu erwarten sind. Diese drei Spezies sind an jenem Ort also mehr als doppelt so hoch gewachsen! Vermutlich, weil die Wasserversorgung per Bewässerung richtig gut ist und weil die Pflanzen auch in der Höhe immer noch geschützt stehen, der Wind ihnen nicht „die Seele aus dem Leib bläst“.
Da stand der schöne und das Ortsbild prägende, aber baufällige Gasthof „Sächsisches Haus“, vor dessen Abriß man sich scheute. Schließlich gab es 2006 doch die Genehmigung, in derem Gefolge jedoch das alte Walmdach neu erstehen sollte: Als begrüntes Stahlgerippe über einem kleinen, flachen Neubau, in dem sich ein Imbiß befindet. Das Begrünen sollten Pfeifenwinden (Aristolochia macrophylla) übernehmen, aber seit nunmehr 15 Jahren wachsen diese nur 3 - 4 Meter hoch. Sie wachsen quasi überhaupt nicht in das Stahlgerippe hinein, und dabei war doch alles so schön geplant! Vermutlich hat aber niemand berechnet, wieviel Waser ein solch begrüntes Dach an jedem Tag verdunsten würde, und wieviel Wasser demzufolge hätte bereitgestellt werden müssen. Vielleicht war sogar eine Bewässerung geplant und wurde schließlich eingespart. Kurz und gut: Es hat nicht funktioniert. Die Pflanzen „merken“ sie, dass oben der Wind ihnen ihr Wasser aus den Blättern bläst, und da stellen sie eben das Wachstum ein. Erschwerend kommt hinzu, dass sich inzwischen auch Gräser und Ahorn im Pflanzbeet angesiedelt haben und nicht entfernt wurden. Sie sind durchsetzungsstark und machen den Pfeifenwinden die sowieso schon kleinen Wasser-Portionen streitig, zum Beispiel beim Morgentau. Im Nachhinein sind alle meist schlauer, und so ließe sich auch für dieses Objekt sagen, dass Pfeifenwinden vielleicht zu anspruchsvoll waren. Clematis vitalba, Clematis montana oder Jungfernrebe (Parthenocissus quinqefolia) hätten das Dach gewiss nicht komplett bedeckt, aber sie wären vermutlich in die gewünschte Höhe gewachsen und hätten die harten Strukturen des Stahldaches ein wenig gebrochen...
Wasser und Wind spielen hier, wie schon dargestellt, vermutlich die größte Rolle. Wind hemmt eigentlich immer den Wuchs. In der Statik müssen ab 5 und ab 8 Metern Gebäudehöhe „erhöhte Windlasten“ eingerechnet werden, das bestätigt, dass weiter oben eben auch mehr Wind weht. Windgeschützte Lagen hingegen, also Höfe oder ein Atrium lassen die Pflanzen sehr hoch wachsen!
Wasser steigert die Wuchshöhe, wenn es verfügbar und im Boden speicherbar ist. Besonders hohe Exemplare von Kletterpflanzen sind oft im unteren Teil von Städten zu sehen, die an einem Fluß lagen, also in „Auen“-Lagen. Das hängt sicher mit einem hohen Grundwasser-Spiegel zusammen. Wichtig ist die Frage, ob ggf. eine künstliche Bewässerung sinnvoll und bezahlbar ist. Bei Mietshäusern ist es oft nachhaltiger, einem Rentner im Haus 30 Euro Mietminderung pro Monat zu geben und ihm dafür die persönliche Gieß-Verantwortung für eine Fassadenbegrünung zu übertragen.
Nun zum Boden: Er sollte locker und humos sowie vom pH-Wert her eher neutral sein. Des Weiteren muss er nach unten durchlässig sein, denn Staunässe ist für viele Kletterpflanzen tödlich. Bodenverdichtung und „Unkraut“-Bewuchs sind auch schlecht, am besten ist ein (regelmäßig gepflegter) offener Boden oder eine Mulchdecke, die den pH-Wert aber nicht ins saure Milieu zieht. Auch stickstoffhaltiger Dünger kann Wunder wirken.
Sonnenlicht und die damit verbundene Wärme fördern zunächst das Wachstum, dabei entsteht aber schnell Verdunstungs-Stress, der das Höhenwachstum wieder einschränkt. Helle, „absonnige“ (Nord-)Lagen sind von daher günstiger, einige Kletterpflanzen verkahlen dann allerdings auch in den unteren Bereichen.
Hohe Vertikalbegrünungen lassen sich ohne oder auch mit Rankhilfen erstellen. Im ersten Fall geht es darum, mit wenig Aufwand einen großen Effekt zu erzielen. Folgerichtig werden dann "Selbstklimmer" wie Efeu und verschiedene Wilde Weine gesetzt. Um Bauschäden zu vermeiden, emfehlen sich jedoch Kletterpflanzen, die an Rankhilfen wachsen. Einige wachsen besonders hoch und werden im Folgenden besprochen.
Efeu 'Woerner' wächst ca. 20 Meter hoch, die Wasserversorgung muss allerdings stimmen. Auch zu harter Frost gerade in höheren (Berg-) Lagen ist schädlich, weil dann immer wieder die einmal aufgebauten Bereiche um mehrere Meter nach unten zurückfrieren. Allgemein brauchen Efeu-Begrünungen sehr, sehr lange. Es kann 25 Jahre dauern, bis ein Haus-Giebel komplett bewachsen ist, und oft muss auch erst dann geschnitten werden, um den Dachrand freizuhalten usw.. Sind allerdings Fenster in der Fassade, kostet es ständig viel Zeit und Mühe, um diese freizuschneiden.
Die Art Parthenocissus quinqefolia ist „nicht Fisch und nicht Fleisch ist“. Als Selbstklimmer ist sie wegen der eher schwachen Haftscheiben nicht wirklich brauchbar, weil die Pflanzen in größeren Höhen schnell vom Wind abgerissen werden. Und für Rankhilfen ist sie auch nicht geeignet, weil sie eben zusätzlich diese Haftscheiben bildet und dann irgendwohin wächst, also nicht im vorgegebenen Rankfeld bleibt. Aber diese Pflanze ist wuchsstark – darin liegt ihr Wert! Wenn man sie als Selbstklimmer betrachtet und ihr in den oberen Bereichen einige Querseile als „Absturzsicherung“ bereitstellt, lassen sich mit wenig Aufwand prächtige Begrünungen schaffen, zudem mit roter Herbstfärbung. Die Art wächst recht zügig und bis 30 m hoch, jedoch "negativ phototrop", kriecht also in Spalten, und das kann zu Bauschäden führen.
Parthenocissus quinqefolia ‚Engelmannii‘ wiederum ist ein guter Selbstklimmer, wächst bis ca. 20 m Höhe. Er wächst zügig und kann eine Wand in 4 – 10 Jahren begrünen.
Dreilappiger Wilder Wein (Parthenocissus tricuspidata ‚Veitchii‘) wächst 15 – 20 Meter hoch, und zwar mittelmäßig bis zügig, aber einige Jahre braucht es schon, um eine hohe Wand zu bedecken.
Zum Pflegeaufwand all dieser Wilden Weine gilt das unter „Efeu“ Gesagte.
Asiatische Blauregen wachsen bis ca. 15 m, Sorten von Wisteria floribunda oder ähnliche Hybriden bis 22 m oder sogar wie in Bonn an Ecke Koblenzer Straße / Friedrichallee bis 30 m. Das Exemplar dort (Vermutlich W. floribunda 'Macrobotrys') dürfte eine der höchsten bodengebundenen Begrünungen sein, vor allem in ungeschützter, voll dem Wind ausgesetzter Lage! Blauregen wachsen extrem schnell, nämlich 3 – 6 Meter pro Jahr und damit fast so schnell wie Schlingknöterich. Es sind einerseits Blühpflanzen, aber um diesen Aspekt genießen zu können, sollten sie 2 x pro Jahr geschnitten werden, was sehr aufwändig ist und hohe Begrünungen eher verhindert. Zum Anderen sind Blauregen aber auch TOP-Grünpflanzen, also Spezies zur wirklichen FassadenBEGRÜNUNG. Wenn dieser Aspekt im Vordergrund steht, reicht ein Schnittgang pro Jahr und später, nach dem Ende der vitalen und wüchsigen Jugend-Phase genügt vielleicht auch ein Schnitt aller zwei Jahre.
Diese Pfeifenwinde wächst 10 m, an geschützten Standorten s. oben auch 15 – 22 m. Aber: Eine Pfeifenwinde auf 10 Meter Höhe zu bringen, kann selbst unter guten Bedingungen schon mal 10 – 15 Jahre dauern. Nun, mit großen, teuren Solitärpflanzen lässt sich die Zeit ein bißchen verkürzen. Jedenfalls ist solch eine Begrünung sehr nachhaltig, denn bei Pfeifenwinden muss kaum geschnitten werden, vielleicht aller 4 – 8 Jahre einmal. Das liegt daran, dass die Wuchskraft sich nicht im Triebzuwachs, sondern in den großen Blättern austobt, welche jeden Herbst abfallen.
Diese Akebie wächst üblicherweise bis 10 m hoch, ggf. aber auch 20 Meter s. „Positiv“-Beispiel weiter oben. Sie ist ebenso wertvoll wie die Pfeifenwinde, dazu sogar noch halbwintergrün und hat es verdient, vermehrt gepflanzt zu werden. Sie wächst meist schneller als die Pfeifenwinde, für 10 m Wuchshöhe werden also keine 10 Jahre gebraucht. Allerdings sollte sie vielleicht etwas öfter geschnitten werden, also einmal aller 2 – 3 Jahre, um allzu üppigen Laubwalzen vorzubeugen.
Knöterich wächst 10 – 15 m hoch. Allerdings – und darin unterscheidet Schlingknöterich sich von allen anderen Pflanzen – schafft er diese 15 Meter mitunter in nur 2 Jahren! Im Bereich der Freisitz-Gastronomie kann das sehr förderlich sein. Natürlich werden dann auch Unmengen von Trieben und Grünmasse gebildet, wenn die Wasserversorgung optimal ist. Das heißt, der Schnittaufwand ist alljährlich recht hoch, und weniger als einmal pro Jahr zu schneiden ist nicht empfehlenswert. Also eine Pflanze für „Schnellbegrünungen“!
Kiwi wächst laut bis ca.10 m, mitunterl s. oben aber auch 20 m hoch. Wuchsschnelligkeit und Wuchshabitus sind dem Blauregen vergleichbar, demzufolge auch die Schnittmaßnahmen. Allerdings wächst die Kiwi sehr „raumgreifend“, bildet sehr ausladende Laubwalzen ist damit schwer beherrschbar und für hohe Begrünungen nur bedingt geeignet.
Dieser Baumwürger wächst 14 m hoch. Die Pflanze wächst anfangs sehr ungestüm, 2 – 4 Meter pro Jahr, das beruhigt sich aber wohl nach wenigen Jahren. Das heißt, ein Schnitt aller 1 – 2 Jahre sollte genügen. Der Baumwürger bietet somit einen Kompromiss zwischen schnellem Wuchs und wenig Schnittaufwand. Die zweite Art, Celastrus scandens, wächst wohl nur bis 10 m Höhe.
Diese Waldrebe wächst an Fassaden bis 14 m hoch, in der freien Natur (im Auenwald) auch bis 20 Meter. Die Art wächst 1 – 2 Meter pro Jahr, auch bei ungenügendem Wasser-Angebot, sie ist sehr trockenresistent. Allerdings sieht die Begrünung dann oft nicht satt und dicht aus, sondern ein bisschen dünn und struppig. Ein Schnitt aller 2 - 3 Jahre sollte genügen.
Die Sorten von Clematis montana erreichen 10 m, an geschützten Standorten auch 15 m. Die Pflanzen wachsen mittelmäßig schnell, und ein Schnitt aller 2- 3 Jahre sollte notfalls genügen.
Ob Zähmung und Formierung von Kletterpflanzen wirklich stattfinden, hängt von der Pflege ab. Vor allem regelmäßiger Schnitt ist wichtig, sonst verwahrlosen die Pflanzen zu Gestrüppwalzen mit trockenem Totholz und werden dadurch in der Nähe von Fenstern zu gefährlichen "Brandlasten". Im Falle überfrierende Nässe entstehen an solchen Geäst-Walzen und -Säulen dann auch Flächengewichte, welche die Standsicherheit gefährden. Neben den üblichen Lasten durch Seil-Vorspannung, Pflanzengewicht usw. sind ab 8 m Höhe nochmals besondere Wind"lasten" zu berücksichtigen, gerade an Gebäudeecken. Statt Kunststoffdübeln sind hier z. B. Verklebungen oder metrische Dübel für die Edelstahl-Abstandhalter anzuwenden. Besonders gefährdet sind wiederum starkwüchsige Pflanzen mit mächtigen Laubwalzen, die nicht regelmäßig beschnitten wurden und nun dem Wind Angriffsfläche bieten.
In Problemvierteln oder schwer kontrollierbaren Bereichen ist ggf. mit Vandalismus zu rechnen. Deshalb empfiehlt FassadenGrün dort vorrangig Seilsysteme in schwerer und massiver Bauweise. Zudem ist einer möglichen Tritt- und Anhängebelastung (Leitereffekt) vorzubeugen, indem waagerechte Drahtseile oder sonstige Spalierelemente erst ab einer Höhe von ca. 1,80 oder besser 2,50 Metern gesetzt werden wie beim Seilsystem 4030 beschrieben. Ggf. sind die (Solitär-) Pflanzen dann mit kräftigen Bambusstäben "anzuleiten".
Hohe Rankhilfen aus Metall sind ggf. an die Blitzschutzanlage eines Hauses anzuschließen, falls eine solche existiert und erforderlich ist. Dies ist umso mehr der Fall, wenn die Rankhilfen
- sehr wuchtig und massig sind
- bis in Dachhöhe ragen
- sich an einem Gebäude befinden, das andere überragt, sonstwie für Blitzeinschlag exponiert ist oder aus brennbarem Material wie Holz besteht.
Für die grazilen Rankhilfen von FassadenGrün dürfte - wie auch bei Markisen, Sonnensegeln, Briefkästen, Auslegern, Hinweisschildern und Sims-Abdeckungen aus Blech - ein Blitzableiter meist unnötig sein. Im Zweifelsfall fragen Sie bitte einen Gutachter oder Fachplaner.
Privaten "Häuslebauern" empfiehlt FassadenGrün, Vertikalbegrünungen nur bis ca. 5 Meter Höhe, denn hier lassen sich Montage und Pflege mittels Anlegeleiter bewältigen. Sind jedoch fachgerechte Planung, Statikberechnung und alle Folgekosten gesichert, steht höheren Begrünungen nichts im Wege! Eine Reihe von Faktoren wie Wind und Wasser sind allerdings entscheidend für die Wuchshöhe der Pflanzen.
Hier sehen Sie verschiedenste Vertikalbegrünungen, weitere Beispiele finden Sie bei "Bauhaus-Stil", Balkone, "Rankwände" und "Masten".