Fassadengruen
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Denkmalschutz und Begrünung

Denkmalschutz und Begrünung können sich vertragen! Viele Häuser aus früheren Stilepochen - um die es auf den nächsten Seiten geht - sind denkmalgeschützt. Entweder hatten sie schon immer eine Begrünung oder eine solche wird nach altem Vorbild wieder hergestellt. Problematisch wird es, wenn erstmals eine Begrünung erfolgen soll.... Die drei Szenarien werden hier beleuchtet.

Weinreben an einem Bauernhaus, Rettin / Schleswig-Holstein
Weinreben an einem Bauernhaus, Rettin / Schleswig-Holstein

Wie "tickt" der Denkmalschutz?

Keine Frage, das Klima muss geschützt werden, auch durch zunehmende Begrünung in unseren Städten. Aber Menschen brauchen nicht nur gutes Klima, sie müssen sich auch „verankern“, um seelisch gesund zu bleiben. Sie brauchen so etwas wie „Heimat“. Dazu wiederum gehören Orte und Gebäude, die Identität stiften, und da kommt der Denkmalschutz ins Spiel. Er sorgt dafür, dass solche Orte bewahrt, unterstützt und entwickelt werden.

Naturgemäß ist diese „Denkmalpflege“ auf sehr lange Zeiträume ausgerichtet, und das Eingehen auf vermeintlich kurzfristige Befindlichkeiten ist ihr fremd. Deshalb will der Denkmalschutz auf Dächern keine Solar-Module und an Wänden (zunächst) keine Begrünung sehen, mögen die Klimafragen noch so dringend sein… Begrünungsmäßig geht dann also gar nichts ohne die Instanz „Denkmalschutz“. Aber wie ist sie strukturiert? Nach Erfahrungen in Leipzig / Sachsen stößt ein Begrünungswille zunächst immer an den örtlichen, also kommunalen Denkmalpfleger, an die „Untere Denkmalbehörde“. Entsprechend ihrer Ausbildung haben Angestellte des Denkmalschützes eine architekturmäßige oder eine eher kulturwissenschaftliche Ausrichtung, meist ist eine Sachbearbeiterin oder ein Sachbearbeiter für ein bestimmtes Gebiet bzw. einen Stadtteil zuständig und „verwaltet“ die dortigen Denkmale. Das können Häuser, Gärten, Parks oder kleinere Denkmale sein.

Aller einiger Jahre wird wohl verwaltungsintern auch eine Rotation der Zuständigkeiten angestrebt, und natürlich gibt es auch altersbedingt Wechsel beim Denkmal-Personal. Dies ist wichtig zu wissen, weil die Kommunen zwar Leitbilder für den Umgang mit ihren Denkmalen haben, aber die Person des jeweiligen „Denkmalpflegers“ eigene Prioritäten setzt und damit eine wichtige Rolle spielt. Je nach Bedeutung eines Denkmals wird bei Entscheidungen für oder gegen eine Begrünung dann auch die Meinung der „Oberen Denkmalbehörde“ (auf Ebene des jeweiligen Bundeslandes) eingeholt.

Und schließlich haben die Denkmalbehörden auch finanzielle Hebel, um Anliegen durchzusetzen:

- Sie können Fördermittel ausreichen.

- Sie können steuerliche Vergünstigungen (Abschreibungen) befördern.

- Sie können aber auch Geldbußen verhängen.

Erhalt einer Begrünung

Es gibt Denkmale, die zusammen mit ihrer Begrünung unter Schutz stehen. Meist ist dies der Fall, wenn die Bepflanzung schon in der Bauzeit erfolgte wie bei der 1000-jährigen Rose am Dom zu Hildesheim. Die Rose gehört dort zum Gründungs-Mythos!

Aber auch nachträglich angebrachtes Grün kann schutzwürdig sein. Ein Beispiel dafür ist Goethes Gartenhaus in Weimar, welches der „Herr Geheimrat“ erworben, umgebaut und mit Spalieren für Rosen, Wein und Geißblatt versehen hat. Darüber existieren Aufzeichnungen, bis hin zum Kauf der hölzernen Spalierlatten um 1776. Seitdem werden die Spaliere als Teil des Denkmals fast ohne Unterbrechung gepflegt und sind auf zahllosen Darstellungen verewigt. Ob die Begrünung wohl noch am Haus wäre, wenn ein weniger berühmterer Bauherr sie damals gebaut hätte?

Viele historische Gebäude wurden in der Zeit um 1900 nachträglich begrünt, so z. B. Gasthöfe und Rathäuser. Vom Rathaus Quedlinburg / Sachsen-Anhalt ist bekannt, dass die Begrünung mit Rankdrähten und Fünflappigem Wilden Wein (Parthenocissus quinqefolia ‚Engelmannii‘) in jener Zeit angebracht wurde, um „frische, gute Luft in die stickigen Amtsstuben“ zu bringen. Und mitunter haben sich diese Begrünungen bis heute erhalten, gehören untrennbar zum Denkmal und werden nicht infrage gestellt.

Wiederherstellung einer Begrünung

Bei vielen Denkmalen ist die Begrünung im Laufe der Jahrzehnte verloren gegangen, weil die Pflanzen abstarben, die Pflege zu aufwändig war oder auch weil bewusst „entgrünt“ wurde. Manchmal war es ein Hausmeister, der seine Pflichten vernachlässigte, gar nicht so selten auch ein „Kostencontroller“, der Einsparpotentiale sah und die Begrünung entfernen ließ. Oft sind es auch Eigentümerwechsel sowie Sanierungs- und Umbaumaßnahmen, die zum Verlust einer Begrünung führen. Wenn sich die Zeiten und damit die Prioritäten ändern, kommt dann aber vielleicht später ein Umdenken und der Wunsch, die Begrünung wieder herzustellen. Lässt sich dann für ein Gebäude anhand alter Fotos die frühere Begrünung belegen wie z. B. am Universitätsklinikum in Leipzig / Sachsen, und war die Begrünung längere Zeit „ortsbildprägend“, sind die Chancen für eine Wiederbelebung gut. Dem Denkmalschutz liegt aber oft daran, hier eher viel historisches Spalier und möglichst wenig Grün zu sehen. Durch die Wahl geeigneter Pflanzen kann ggf. darauf reagiert werden. Aber der Verlauf kann auch anders herum sein: Wenn der Denkmalschutz ein historisches Rebspalier zurückwünscht, können alternativ andere, pflegeleichtere Pflanzen gesetzt werden.

Lässt sich also für ein Gebäude anhand alter Fotos eine frühere Begrünung belegen, ggf. auch in späterer als der Erbauungszeit, und war die Begrünung längere Zeit stadtbildprägend, sind die Chancen für eine Wiederbelebung gut.

An diesem Vorhaus eines früheren Adelssitzes in Weimar / Thüringen bekleideten Reben-Spaliere aus Holz den Giebel. Die Spaliere blieben bzw. wurden neu gebaut, aber zur Bepflanzung wurde der deutlich pflegeleichtere Wilde Rankwein gewählt, da an dem museal genutzten Platz kein Ertrag gebraucht wird.

Hinzufügen einer Begrünung

Mitunter gibt es Gründe, auch alte Häuser zu begrünen, die nie eine Bepflanzung hatten, und sei es nur, um die "kalte Pracht" mancher perfekt sanierten Denkmal-Fassade wieder zum Leben zu bringen. In solchen Fällen aber kann die Behörde einen Strich durch die Rechnung machen. Denn: Da es sich um ein Denkmal handelt, darf der Blick darauf nicht verstellt werden...

Manche Bauherren scheuen diese Auseinandersetzung und greifen vorbeugend zur „Guerilla“-Begrünung mit Pflanzen, die sich da angeblich selbst ausgesät hätten, zu Kübelpflanzen (ohne Loch im Straßenpflaster) sowie zu einfachen Rankseilen, die ggf. leicht entfernbar sind usw..

Es kann ja eine grazile Teilbegrünung sein, mit Clematis oder Einjährigen. Und wenn an ein geschütztes Gebäude dann eine zarte Pflanze herankriecht, sich artig aufrichtet, bittend ihr Händchen reicht und um ein dünnes Rankseil fleht, das sich fast unsichtbar macht, wird es ihr kaum einer verwehren, selbst der hartgesottenste Denkmalpfleger nicht....

Nachhaltiger ist es allemal, vorab das Gespräch zu suchen und Argumente zu präsentieren, welche einzeln oder in Kombination eine Begrünung rechtfertigen, z. B. so:

- „Stellvertreter“-Begrünung: Für das betreffende Gebäude selbst gibt es keinen Nachweis für eine frühere Begrünung, es soll aber analog zu anderen Gebäuden aus der Nachbarschaft oder Region, für die solche Nachweise vorliegen, begrünt werden, z. B. als Bauernhaus mit einem ortstypischen Rebspalier o. ä..

- Die Begrünung wird als Graffiti – Schutz gebraucht.

- Im Zuge einer notwenigen Aufwertung der Innenstadt ist die Begrünung wichtig.

- Für Insekten und Vögel wird die Begrünung als Brücke zu anderen Grün-Inseln innerhalb einer dicht bebauten Innenstadt gebraucht.

- Eine Begrünung wird als preiswerte Bautrocknung benötigt, z. B. wenn ein Stall zu Wohnzwecken umgebaut wird (Die Mauern alter Häuser waren so lange halbwegs trocken, wie Weinstock oder Obstbaum am Haus gediehen)

- Im Zuge einer Umnutzung zu Wohn- oder Bürozwecken wird ein sommerlicher Wärmeschutz gebraucht, eine vollflächige Efeu-Begrünung soll eine Klimaanlage ersetzen usw..