Das Zusammenpfropfen verschiedener Pflanzen ist aus dem Obstbau bekannt. Auch Kletterpflanzen werden oft "veredelt" und als Zweier-Kombination produziert. Manchmal aber ist es besser, das "Edelreis" direkt zu bewurzeln, ohne Pfropfen. Das nennt sich dann "wurzelecht"....
Ein empfindliches, aber für tolle Früchte bekanntes "Edelreis" (von einem Obstbaum oder einer Kletterpflanze abgeschnitten) wird auf eine wilde, robuste und wuchsstarke "Unterlage" gepfropft und kann dadurch besser wachsen sowie gesund bleiben. Das Ergebnis wird also besser, "edler" als vorher, und deshalb wird oft von "Veredeln" gesprochen.
Besonders bei der Vermehrung: Werden Clematis auf vorkultivierte Wurzelballen gepfropft bzw. "veredelt", sind sie nach 6 Monaten verkaufsfähig. Als "wurzelechter" Steckling hingegen brauchen sie dafür 12 -14 Monate. Die Baumschule kann also durch Veredelung effizienter arbeiten, die Pflanzen werden billiger, und alle freuen sich. Für die Kunden gibt es weitere Vorteile: All unsere Klettertrompeten sind veredelt und blühen so garantiert schon im ersten Jahr! Ähnlich ist es bei Blauregen: Auch diese blühen dank Veredelung meist schon nach ca. 3 Jahren und nicht erst nach 7 - 10 Jahren.
Ja, mit so einer Unterlage lassen sich die ohnehin schon guten Eigenschaften des "Edelreises" mitunter noch verbessern. Eine Blütenfarbe wird brillanter, eine Frucht süßer oder aromatischer, und sie kann sogar eher reifen als sonst üblich. All dies lässt sich über die Auswahl der Unterlage steuern, selbst die Anpassung an schwierige Böden wir Sand oder Ton. Eine "veredelte" Pflanze ist dann eine hochwertige Pflanze, und "veredelt" ist dann tatsächlich ein Qualitätsbegriff!
All diese Vorzüge funktionieren so lange, wie die Unterlage dem Edelreis wirklich "dient" und kein Eigenleben entwickelt. Das heißt, die Unterlage bleibt eigentlich nur Wurzel und entwickelt keine eigenen Triebe. Wenn sie das aber plötzlich doch tut und "durchschlägt", dann ist der Ärger groß, weil die Unterlage über kurz oder lang das Edelreis verdrängt. Eine Zeitlang hat man dann zweierlei Blüten und / oder Früchte am selben Gehölz und wundert sich, bis irgendwann nur noch die langweiligen und wertlosen Triebe der Unterlage da sind und die Pracht völlig verkümmert bzw. verdrängt ist!
Je mehr Jahre eine veredelte Kletterrose steht, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Unterlage "durchschlägt" und die eigentliche Rose verdrängt. Nach meinen Erfahrungen schätze ich, dass nach 10 Jahren ca. 20 % aller Kletterrosen von der Unterlage verdrängt werden, nach 20 Jahren ca. 50 % und nach 40 Jahren ca. 80 %. Mein Beispiel dafür ist der "Rosengarten" in Dresden am Carusufer. Dort wurden bis ca. 1990 Rosen kultiviert und gepflegt, danach aber weitgehend sich selbst überlassen. Statt vieler damaliger Rosensorten stehen dort jetzt überall Wildrosenbüsche von "Rosa canina", die bevorzugt als "Unterlage" genutzt wurde...
Doch wer sich für eine ganz bestimmte Kletterrose an der Fassade entscheidet, denkt dabei sicher an einen längeren Zeitraum als nur an 10 Jahre. Deshalb bietet FassadenGrün dort, wo keine Lizenz vom Züchter mehr besteht, wurzelecht vermehrte Rosen, z. B. 'Rotfassade'. Auch nach 100 Jahren ist dies dann noch eine 'Rotfassade'...
Um schnell auf Marktschwankungen reagieren und Nachschub produzieren zu können, braucht unsere Baumschule kurze Anwuchszeiten, und deshalb sind fast all unsere Wilden Weine veredelt. "Edler" und besser werden die Pflanzen dadurch nicht, aber vielleicht etwas preiswerter. Leider kommt es aber auch hier hin und wieder zum "Durchschlagen" von Unterlagen, und dann haben unserer Kunden statt einem "Miniwein" plötzlich einen kräftig wachsenden "Mauerwein" an der Wand, denn auf diese Art werden viele unserer Wilden Weine veredelt. Das ist nicht schön, aber was ist zu tun? Veredeln oder nicht veredeln? Das sind Fragen, auf die wir Antworten suchen...
bei Rosen und Weinreben